Science Fiction Film Review » Verschwörung ... aus einer anderen Welt: SciFi-Filme, Space-Schrott & Blobs Thu, 11 Apr 2013 16:06:32 +0000 en-US hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.5.1 Total Recall – das Remake von 2012 /total-recall-2012/ /total-recall-2012/#comments Sun, 20 Jan 2013 13:31:43 +0000 Andreas /?p=662 total_recall_2012a Die Tage in der muffigen Montagehalle der Fabrik für Roboter-Polizisten ziehen sich ganz schön hin. Da könnte der Arbeiter Douglas Quaid (Colin Farrell) wohl mal Urlaub brauchen. Doch leider ist die Welt im Eimer: Im neuen Mega-Großbritannien regiert ein Polizeistaat, und am anderen Ende der Welt liegen die Kolonien in Australien. Sonst gibt es nichts. Verbunden sind die beiden Orte durch den “Fall”, ein Aufzug, der quer durch die Erde führt.

Douglas Quaid nimmt das Angebot der Firma “Rekall” an und läßt sich billige Erinnerungen an einen Urlaub implantieren. Quaid spart nicht und bucht das volle Programm, samt Feature, in der gekauften Erinnerung als Superagent eine Verschwörung aufzudecken … wums!, stürmen Polizisten das Erinnerungslabor und verfolgen Quaid als abtrünnigen Agenten. total_recall_2012 Wo flieht er hin? Nach Hause, wo seine (unglaubwürdig gut aussehende) Gemahlin (Kate Beckinsale) nicht etwa mit dem Essen auf ihn wartet, sondern mit Handkanten und Automatikwaffen. Quaid muß wieder fliehen und herausbekommen, was hinter all dem steckt.

Wer sich total erinnern kann: 1990 sahen wir das schon mal. Paul “Robocop” Verhoeven verfilmte die P.-K.-Dick-Story ( We Can Remember It for You Wholesale / Erinnerungen en gros ) im Jahr 1990 mit Arnold Schwarzenegger als Quaid. Und Verhoeven, kein Mann der leisen Töne, tat das richtige: Er legte den ganzen Schmarrn als hämmernde Satire an und produzierte einen völlig übertrieben inszenierten Actioner, der an Zynismus und Body Count seinerzeit seinesgleichen suchte (und allenthalben für dümmlich gehalten wurde – die hätten mal das Remake sehen sollen …). Das Original kann man sich übrigens heute noch gut ansehen, auch wenn es ein bisschen nach Plastik riecht.

total_recall_2012c Das Remake “Total Recall” (2012) will sichtlich einiges anders machen, ernster und vor allem actionreicher sein. Das philosophische Grundthema – Ist Quaid wirklich ein Agent oder ist alles nur die implantierte Erinnerung? – interessiert den Film dabei allerdings nicht mehr im Geringsten. Auch streicht er den Mars und die Außerirdische-Artefakte-Schnörkel, vielleicht nicht die dümmste Idee, ersetzt ihn aber durch einen Aufzug quer durch die Erde, vielleicht nicht die schlauste Idee – zumal “ the fall ” letzlich keine Rolle spielt, ausser in einer vorhersagbaren Schwerkraftumkehrungsszene hübsch auszusehen.

Ist das Remake also “schlecht”? Nicht wirklich. Es ist halt glatter & platter. Und man hätte es besser nicht als “Remake” vermarktet, denn einige Szenen, etwa die dreibrüstige Prostituierte, werden abgespult wie ein Pflichtprogramm. Und überhaupt ist der “Rekall”-Effekt im Kontext des Remakes gar kein sinnvoller Plot-Bestandteil mehr; ließe man es weg, es würde sich kaum etwas ändern. Das gilt aber auch für den Aufzug durch die Erdmitte oder die merkwürdig fehlplatzierten Robot-Polizisten.

total_recall_2012b Letzlich geht es also um nichts, ausser um die Optik. Als SF-Spektakel ist “Blade Runner” immerhin visuell absolut erstklassig umgesetzt und bietet Schauwerte satt. Da fehlt es an nichts.

Außer vielleicht, nun ja, an Originalität: denn er stiehlt seinen Look bei Vorbildern wie Blade Runner , Das fünfte Element , I, Robot , Minority Report. Aber dafür darf man Jessica Biel und Kate Beckinsale zugucken, wie sie in engen Lederklamotten durchs Bild hetzen und rumballern, was ja auch ein Trost ist, bzw. sein könnte, wäre Kate nicht gerade die Frau des Regisseurs und hätte daher mehr Screentime abgekriegt als vielleicht nötig. Freude hatte der Regisseur sichtlich auch daran, den ganzen Film “räumlich” zu gestalten: Ich habe selten einen Film gesehen, der sich (ohne 3D) derart ausgiebig dem Raum widmet wie dieser.

Man muß es wirklich sagen: Beim Anschauen ist dieser Film völlig okay. Aber je mehr man drüber nachdenkt, desto schlechter kommt er einem vor. Remake-Effekt.? Lieber schnell vergessen…

Fazit: Das temporeiche SF-Spektakel hat zwar weder Ecken und Kanten noch Tiefgang oder Verstand, aber anschauen kann man ihn sich trotzdem. Besser als erwartet, schlechter als er hätte sein können. ~2022 durchaus ein Kandidat für ein weiteres, klügeres Remake!

  • Auf Amazon als Blu-ray (empfohlen) und DVD .
  • Die lesenswerte Story von Dick finden Sie in den Anthologien We Can Remember It for You Wholesale (Englisch) bzw Erinnerungen en gros (Deutsch), Sie können sich auch, Philip K. Dick nie ein Fehlkauf, fünf Bände mit über 100 Stories zulegen: Sämtliche 118 SF-Geschichten

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Nydenion – Krieg der Kolonien /nydenion-krieg-der-kolonien/ /nydenion-krieg-der-kolonien/#comments Mon, 07 Nov 2011 05:27:00 +0000 Andreas /?p=357 Manchmal greift man in der Horrorfilm-verschmutzten Videothek einfach verzweifelt zu jedem Schrott. Hauptsache, das Cover zeigt irgendwas mit Raumschiffen und Weltraum. Im Fall von “Nydenion” (noch nicht mal der Videothekar konnte den Namen aussprechen) ein Glücksgriff .

Dabei ist die Story gewiss nicht neu: Die Friedensverhandlungen zur Beendigung eines Jahrzehnte dauernden galaktischen Krieges sollen sabotiert werden – der illusionslose Captain Jack Walker muss die Diplomatin Cynthia Perkins, die entsprechende Informationen hat, durch allerlei Gefahren und Feinde eskortieren, um die Sabotage abzuwenden.

Man sieht es diesem Film schnell an, dass man es mit einem B-Picture zu tun hat. Und nach etwa 45 Minuten sagte ich zu meiner Frau: “Ich wette, der Hauptdarsteller ist der Regisseur.”

So war es denn auch. Störte aber weder mich, noch meine MilFi-verschlingende Gattin, die ebenfalls ihren Spaß hatte. Um so erstaunter war ich am Ende bei Sichtung der Extras, dass es nicht nur ein B-Movie ist, sondern ein eigenfinanzierter Fan-Film. Aus Deutschland. Reiner Wahnsinn.

Was bei “Nydenion” eine Handvoll von SF-Fans und Modellbauern in kolportierten 15 Jahren Arbeit (mehr im Interview mit Nydenion-Regisseur Jack Moik auf deutsche-science-fiction.de ) geleistet haben, das kann einem nur größten Respekt abringen. 1977 hätte man sich damit neben Star Wars nicht schämen müssen (und den SFX-Oscar hätte man ihnen abgenommen), auch wenn man heute natürlich sieht, dass bei Nydenion allzuviele Video-Effekte fehlende production values vertuschen müssen.

Doch schon allein die vielen Modelle (statt öder CGIs!) machen diesen B-Knaller für Fans empfehlenswert und lassen Fan-Herzen höher schlagen, und Filmstudenten sollten sich dieses Lehrstück ebenfalls nicht entgegen lassen.

Nydenion ist arm, aber sexy. Ja, gut, die Schauspieler sind gelegentlich ein bisschen hölzern, die Dialoge nicht immer rasierklingenscharf … aber völlig egal: Dieser Film ist nie langweilig und macht fehlendes Geld mit Einfallsreichtum wett.

Fazit: Ein Geheimtipp von Fans für Fans. Wenn Sie wissen, was eine AE-35-Einheit ist und wer den Kessel-Flug in weniger als 12 Parsecs machte, dann sind Sie Nerd genug, um diesen Steifen genießen zu können.

Seit heute auf DVD und Blu-ray zu haben.

Interessantes Review auch auf phantanews.de .

Mehr im Nydenion-YouTube-Channel .

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Die Mondverschwörung /die-mondverschwoerung/ /die-mondverschwoerung/#comments Wed, 26 Oct 2011 05:27:28 +0000 Andreas /?p=325 Das Gegenteil von „Science Fiction“ ist? Genau: „Star Wars“. An die Stelle wissenschaftlich fundierter Spekulation über technische und gesellschaftliche Entwicklungen tritt dort das Märchen – gute gegen böse Zauberer, die sich mit Schwertern an die Gurgel gehen, um die Prinzessin zu befreien.

Das Gegenteil von Science ist: Grenz-, Pseudo- und Para-Science. Unfug, der mit allerlei Fachtermini garniert vorgetragen wird, als handle es sich um letzte Wahrheiten. Atlantis war ein Raumschiff mit beschädigtem Antrieb, Beethovens “Ode an die Freude” enthält Hinweise darauf. Haare schneidet man sich am besten bei abnehmendem Mond, sonst wachsen sie zu schnell nach. Energetische Netzgitter aus Plutonium polen uns um. Das Brandenburger Tor ist ein Wahrzeichen des 3. Weltkrieges – und ein Tor zur Hölle.

Und so weiter, und so fort … Immer mehr Menschen kratzen den dünnen Firnis der mühevoll erarbeiteten Aufklärung ab. Sie kehren Vernunft und Wissenschaft den Rücken und wenden sich der Esoterik zu, oder ihrer intellektuell bebrillten Freundin, der Pseudowissenschaft.

Dabei gibt es keinen obskuren Mummenschanz, an den nicht geglaubt wird. Das zeigt „ Die Mondverschwörung “, eine höchst heitere und zugleich wahnsinnige Dokumentation, die derzeit durch kleinere Kinos tourt ( Tourdaten hier ).

Doku-Spezialist Thomas Frickel greift zu einem bewährten Trick: Der US-Journalist Dennis Mascarenhas mimt für ihn in bester Borat-Manier den unschuldigen Zuhörer „von außerhalb“, der in holprigem Deutsch interessierte Fragen stellt und für alles offen ist, auch für den übelsten Quark.

Die Antworten können für sich stehen. Es gibt Nazi-UFOs – aber die Mondlandung war eine Erfindung der NASA. Die Erde ist eine hohle Kugel, wir leben an der Innenseite und sehen statt eines Himmels auf die 6350 Kilometer entfernte „Himmelskugel“ in der Erdmitte. Witzig ist das Ganze in jedem Fall.
Erschreckend aber auch, etwa wenn erwachsene Personen sich als Planetensystem „aufstellen“ lassen, um so das verborgene Wissen des Universums zutage zu fördern…

Also ganz egal, was heute in Ihrem Horoskop steht: Diesen Film sollten Sie sehen. Mehr Infos auf www.mondverschwoerung.de

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Eyeborgs – Nichts ist, wie es scheint /eyeborgs-nichts-ist-wie-es-scheint-2009/ /eyeborgs-nichts-ist-wie-es-scheint-2009/#comments Mon, 24 Oct 2011 15:52:58 +0000 Andreas /?p=341 Die Story: Mit all unseren Überwachungskameras sind wir noch nicht zufrieden und fühlen uns noch nicht sicher genug vor den Bedrohungen durch Terroristen. Deswegen haben wir in Zukunft gleich zwei Erweiterungen eingeführt. Das O.D.I.N. (Optical Defense Intelligence Network) als Vernetzung aller vorhandenen Überwachungskameras mit automatisierten Auswertungssystemen. Und die Eyeborgs , mobile Überwachungskameras auf zwei oder mehr Beinen, die halbautonom agieren und überall für ODIN spitzeln. Was der Bürger nicht verhindern kann, weil es der “Freedom of Observation Act” inzwischen sogar verbietet, solche Kameras aus seiner Privatsphäre zu entfernen (schon heute darf man Kameras nicht “beleidigen”).

Eyeborgs: Freedom Of Observation

Eyeborgs: Freedom Of Observation

Vor diesem Hintergrund verfolgt DHS-Ermittler Reynolds (Serien-Highlander und B-Mime Adrian Paul) die Spur einer Verschwörung, die den Präsidenten der USA (inzwischen auf 76 Staaten angewachsen) per Attentat beseitigen will. Doch seltsam: Immer öfter scheint das, was laut Zeugen passiert ist, nicht mehr mit dem übereinzustimmen, was die überall herumkrabbelnden Kameras aufgezeichnet haben… haben die Terroristen das Überwachungsnetz manipuliert?

Nein, noch schlimmer. Denn die Grundidee von Eyeborgs ist so gut, dass sie ein größeres Budget verdient hätte. Leider lässt B-Regisseur Richard Clabaugh, der uns schon Stinker wie “Deep Core” eingebrockt hat, die interessante Fiktion eines Überwachungsstaates auf dem Höhepunkt ebenso fallen wie alle Thriller-Ansätze und setzt statt dessen nach einer knappen, aber wirklich ganz passablen Stunde Film auf ein zu lautes, zu dummes Ende mit blöden Ballereien gegen CGI-Riesenkamera-Robots, die nur selten echt aussehen. Man war wohl schlicht zu faul für ein gutes Drehbuch.

Trotzdem kann man sich den Schinken mal ansehen und wird zum Beispiel feststellen, dass Danny Trejo mehr kann, als er in “Machete” zeigen durfte. Eyeborg Denn obwohl “Eyeborgs” mit geschätzten 3,7 Mio. US$ (laut IMDB ) nur knapp über dem Budget typischer Direct-to-Video-Horrorfilme liegt, ist er nämlich nicht ganz so trashig, wie man auf den ersten Blick vermuten möchte. Es gibt sogar einige seltsam satirische Einlagen, etwa das Paar, das heimlich … in einem Autor auf einem abgelegenen Parkplatz … von einem Dealer … ganz gewöhnlichen Tabak (!) erwirbt und eine Zigarette raucht – und dafür von den Robots geschnetzelt wird. Noch Fiktion oder bald EU-Gesetz?

Fazit: Eyeborgs ist gewiss kein ernsthaftes Film-Essay über die Abschaffung der Bürgerrechte in Zeiten der Terror-Hysterie, aber ein prima SF-Quatsch für zwischendurch, der Zynikern und Verschwörungsparanoikern aus dem Herzen spricht.

Zu haben auf DVD und Blu-ray .
Infos auf www.eyeborgs.com

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Nummer 6: The Prisoner /nummer-sechs-6-the-prisoner-blu-ray/ /nummer-sechs-6-the-prisoner-blu-ray/#comments Fri, 05 Nov 2010 05:00:08 +0000 Andreas /?p=13

Patrick McGoohan: The Prisoner

Als die TV-Serie “Nummer 6″ mit einer kryptischen Doppelfolge endete, liefen beim britischen Sender die Telefondrähte heiß – aus Protest gegen das Ende der 17 Folgen langen, außergewöhnlichen Produktion mit Patrick McGoohan. Kann man sich 40 Jahre danach noch mit dem Fan-Fieber anstecken?

Kurz gesagt: Ja, man kann. Schon aus der Titelsequenz der britischen Serie “Nummer 6″ könnte man einen ganzen Kurzfilm machen: Ein Lotus Super Seven fegt über verlassene Straßen, dann durch London. Am Steuer sitzt ein Mann mit leuchtend blauen Augen. Entschlossen stampft er durch endlose Tunnel, unaufhaltsam, reißt Flügeltüren auf, erreicht ein Büro – offenbar das seines Vorgesetzten. Den brüllt er an, knallt ihm ein persönliches Schreiben auf den Tisch und eilt, nun sichtlich zufrieden, nach Hause.

Es ist seine Kündigung, und die wird sogleich durch eine bizarr-futuristische Maschinerie weitergeleitet, offenbar die Bürokratie des britischen Geheimdienstes. Der – oder jemand anderes – scheint den Abschied aber nicht zu akzeptieren: Kaum zu Hause angekommen, wird der namenlose Ex-Agent betäubt ­- und erwacht auf einer unbekannten Insel in einem surrealen Dorf. Es ist ein SF-Gefängnis: überall Kameras, Videokontrollen und fortgeschrittene Technik. Lautsprecher verkünden fröhliche Parolen und spielen brackige Kaufhausmusik. Wer eines der Propaganda-Radios zerschmettert, hat drei Minuten später den Elektriker im Haus, der es repariert. Wer zu fliehen versucht, wird von überlebensgroßen weißen Blobs unerbittlich zurückgeholt. Für diese Hintergrund-Story brauchten die Macher keine Zeile Dialog. Und dennoch ertappt man sich dabei, das Intro bei jeder Folge komplett anzustarren, als läge dort des Rätsels Lösung. Denn gerätselt wird in der Serie “Nummer 6″ massiv.

Number Six: Where am I?

Number Two: In The Village.

Number Six: What do you want?

Number Two: Information.

Informationen aber gibt´s nur spärlich. Das Inseldasein ist eine kafkaeske Idylle, der Stadtplan weist die umgebenden Hügel als “the mountains” und die Stadt als “your village” aus, und die einzige Zeitung des Ortes – “the tally ho” – druckt wenig Hilfreiches, gelegentlich auch mal eine Story, die erst noch passieren muß. Alle Insulaner haben Nummern, der Entführte die titelgebende “Nummer 6″. Scheinbarer Boß der Insel ist “Nummer 2″, und ihm brennt in Sachen Nummer 6 eine Frage ganz besonders auf den Lippen: “Warum haben Sie gekündigt?” Nummer 6 hat natürlich seinen eigenen Kopf, keine Lust zu antworten und investiert stattdessen seine ganze Energie in den Versuch, von der Insel zu fliehen. Pro Folge ein Fluchtversuch – 17 Folgen lang.

Number Six: Whose side are you on?

Number Two: That would be telling.

Hört sich langweilig an? Von wegen. Noch heute, 40 Jahre nach dem Serienstart im Jahre 1967, bleiben Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ab Folge 1 am Seher kleben, selbst wenn “Twin Peaks” oder “Lost” (ähnlich rätselhaft) und “The Avengers” (ähnlich britisch) nicht zu Ihren Lieblingen zählen. Und Hand drauf – Sie werden sich dabei die ganze Zeit über fragen: Wieso eigentlich gucke ich mir diesen Schmarrn an?

Number Two: We want information. Information. Information.

Number Six: You won´t get it.

Number Two: By hook or by crook, we will.

Vielleicht bleiben Sie dran wegen der bizarren Kulissen, die nichts von ihrem Charme verloren haben, auch wenn sie nicht mehr ganz so futuristisch wirken mögen wie noch seinerzeit: drahtlose Telefone, Videokonferenzen, Lavalampen-Screensaver und allerlei Gimmicks und Gadgets, wie sie aus Agenten- und SF-Stoffen nicht wegzudenken sind. Ganz sicher auch wegen der kompromißlosen Regie- und Kameraarbeit, die jede Szene zu einem spannenden Vergnügen macht. Und natürlich wegen der cleveren Drehbücher. Hier geht es um Philosophie, nicht um Autojagden: Die wahren Themen der Serie sind Individualismus, Identität und Willensfreiheit, Wissenschaft und Fortschritt sowie Recht und Demokratie (in “The Village” wird der Chef gewählt!). Obendrauf eine dicke Sahnehaube Paranoia: Wer steht auf welcher Seite? Gibt es überhaupt Seiten? Und wenn ja, gibt es eine richtige?

Wem kann man da trauen? In “The Village” möglicherweise niemanden: So mancher Freund und gleichgesinnter Widerstandskämpfer entpuppt sich am Ende als Werkzeug der Obrigkeit, um “Nummer 6″ zu täuschen und ihm sein Geheimnis zu entlocken. Und wer auch immer das Sagen hat, ist nicht zimperlich. Bis hin zur psychischen Folter bleibt nichts unversucht, das Rätsel der Kündigung zu knacken.

Beispielhaft dafür kann die Folge “The Schizoid Man” stehen: “Nummer 6″ wird über Nacht einer Gehirnwäsche unterzogen, sein Gesicht chirurgisch verändert und ein Doppelgänger als “Nummer 6″ eingeführt – der Held dagegen wird nunmehr als “Nummer 12″ angesprochen und ist entsprechend versessen darauf, zu beweisen, daß in Wirklichkeit er die Nummer 6 ist. Selten war die Paranoia größer, und so kämpft der Held nicht nur mit Fäusten, sondern auch mit Köpfchen und klugen Dialogen, oft herrlich zynisch-humorvoll.

Number Six: Who are you?

Number Two: The new Number 2.

Number Six: Who is Number 1?

Number Two: You are Number 6.

Number Six: I am not a number – I am a free man!

Übrigens flieht “Nummer 6″ nicht in jeder Folge direkt (jedes Mal auf eine originelle Art, doch letztlich stets vergebens), in den meisten Episoden zerstört er vielmehr seinen Widersacher, “Nummer 2″. An Nachschub mangelt es nicht: Es finden sich immer neue 2er, kluge und dumme, eitle und bescheidene, subtile und brachiale – doch wer ist die unbekannte “Nummer 1″, die Person, die die wirkliche Macht hat? Die Queen? Ein Super-Computer? Gott?

Number Two: I suppose you´re wondering why you´re here.

Number Six: The thought had crossed my mind.

Und überhaupt: Wer zur Hölle denkt sich sowas aus? Es war unter anderem Patrick McGoohan, der in der britischen TV-Serie “Danger Man” (´64 -´68) den Geheimagenten John Drake verkörperte. Schon in dieser Serie, so sagt man, quatschte McGoohan mehr hinein als bei Schauspielern üblich. Doch “Danger Man”, einer der besten Agentenserien überhaupt, hat das sichtlich ebenso wenig geschadet wie “Nummer 6″. Dessen Konzept legte McGoohan vor, nachdem er seinen Job als “Geheimagent John Drake” gekündigt hatte – ein Schelm, wer hier eine Koinzidenz sieht. Oder in Orson Welles´ “Der Prozeß”-Verfilmung nicht eine wichtige Inspirationsquelle erkennt.

Der gewiß recht eitle McGoohan (der angeblich Angebote für die Rollen “The Saint” und “James Bond” ausschlug) beherrscht die Serie auch als Darsteller: Stets perfekt in Szene gesetzt und dramatischst ausgeleuchtet, sind es er und sein Wille allein, die sich einem an Gegnern, Techniken und Mitteln haushoch überlegenen System entgegenstemmen. Einem System obendrein, das ebenso gut dem militärischen Gegner des kalten Krieges gehören könnte wie den eigenen, mißtrauischen Leuten – oder gar einer dritten, noch unbekannten Macht. In einem Mikrokosmos, der sich gummiartig jedem Erklärungsversuch entzieht, sich zudem von Folge zu Folge leicht ändert, in dem überhaupt nicht mehr real zu sein scheint. Kein Wunder, daß selbst die korrekte Reihenfolge der Episoden bei Fans hart umstritten ist.

Number 6: Has it ever occured to you that you are as much a prisoner as I am?

Number 2: My dear chap, of course! I know too much. We are both lifers. I am definately an optimist. That´s why it doesn´t matter who Number One is. It doesn´t matter which side runs the village.

Also: Die britische Serie “Nummer 6″ müssen Sie gesehen haben. Obwohl fast jede Episode damit endet, daß sich Gitterstäbe über sein Gesicht schieben: Moralisch, intellektuell, physisch – auf seine Weise gewinnt jedes Mal er, “The Prisoner”. Und das sind natürlich wir selbst, sofern wir nur unseren Hintern hochkriegen …

Number 6: I will not be pushed, filed, stamped, indexed, briefed, debriefed, or numbered! My life is my own.

  • Zu haben (endlich wieder) auf DVD: Nummer 6 – The Prisoner (7 DVDs)
  • 2010 auch auf Blu-ray erschienen: Nummer 6 [Blu-ray]

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Special: Richard Kelly /richard-kelly-donnie-darko-southland-tales-the-box/ /richard-kelly-donnie-darko-southland-tales-the-box/#comments Mon, 22 Feb 2010 17:40:24 +0000 Andreas /?p=5 Ein Mann im Anzug klingelt an der Tür und überreicht Ihnen eine Schachtel mit Knopf. Wenn Sie den drücken, stirbt irgendjemand – Sie dagegen erhalten eine Million Dollar. Sie haben 24 Stunden Zeit. Was tun?

So beginnt der Film “The Box” von Richard Kelly. “Wie war er?”, wollte der Videothekar wissen. “Besser als Southland Tales, schlechter als Donnie Darko”, gab ich mit der DVD zurück. “Ach, der ist von dem?”, fragte er, als ich meine 1,50 Euro über die Ladentheke schob (die heute vielen Raubkopierern als zuviel für einen Film erscheinen, weshalb der Videothekar seinen Laden wohl nicht mehr lange haben wird). “Ja, von dem.” Denn wäre der Streifen nicht von Richard Kelly, würde er wohl irgendwo besprechungslos im Wühltisch enden, eine DVD-Kuriosität wie “Nuit Noir”.

Inzwischen Kult: der seltsame Horror-Hase

Aber von vorne: Donnie Darko , Kellys erste Langfilm-Regiearbeit aus dem Jahr 2001, wurde zwar kein Kinohit, erspielte sich jedoch via Mundpropaganda eine breite Fanbasis. Es ist schwer zu sagen, worum es bei “Donny Darko” in Wirklichkeit geht. Man muß diesen merkwürdig anrührenden Zeitreise-Pubertäts-Paralleluniversum-Film einfach gesehen haben; wie er liebevoll auf verschlungenen Pfaden zahlreiche Details miteinander verknüpft und unser Gehirn in halluzinative Fallen tappen läßt, jagt einem immer wieder wohlige Schauer über den Rücken.

Nach diesem Film war klar: Richard Kelly ist der neue David Lynch for the Masses. Hier ist einer, für den werden wir sogar wieder ins Kino gehen, der wird uns noch ganz große Filme liefern! Hat er auch.

Sehenswert: The Rock als Action-Vollpfosten

In Southland Tales (2006) wurde alles eine Nummer größer. Nämlich viel zu groß. Nach Terroranschlägen hat sich das postapokalyptische Amerika in einen Überwachungsstaat verwandelt, an dessen Spitze das Unternehmen USIDent steht. Weil das Öl knapp wird, muß ein neuer Treibstoff her – “Fluid Karma”, gewonnen aus einer neuentdeckten Quelle, die den Globus unterirdisch wie eine Schlange umwindet. Das Anzapfen ändert jedoch die Rotation unseres Planeten, öffnet ein Raumzeit-Loch und bringt prompt die üblichen Weltvernichtungsprobleme mit sich. Klingt soweit ganz plausibel, nur sehen Sie von alledem im Film nichts. Würde man das, was Sie stattdessen sehen, kurz notieren, hätte man eine unvollständige Drehbuchsammlung aus drei Dutzend Serien unterschiedlicher Genres vor sich liegen; darunter unentschlossene Komödien, böse Polit-Dokus und natürlich jede Menge Sci-Fi-Mystery-Zeugs plus News-Clips und Jesus-TV.

Man kommt in “Southland Tales”, der es hierzulande ebenfalls nicht in die Kinos schaffte, im besten Falle aus dem Staunen nicht heraus – im schlimmsten Falle gähnt man ob des unermüdlichen Ansturms immer neuer Bilder, Ideen, grotesker Einfälle und kryptischer Story-Möbiusschleifen. Es drängt sich der Verdacht auf, man starre entweder ein Meisterwerk an, das man nicht versteht (zum Beispiel weil man das Comic-Prequel nicht kennt), oder es handle sich einfach um eine mißlungene Klamotte.

Wer den Film auf DVD tatsächlich durchgehalten hat, dem war jedenfalls klar: Jetzt ist er völlig abgehoben, der Richard. Man kann “Southland Tales” wegen seiner wilden Ambition nicht wirklich schlecht finden, mag ihn irgendwie aber auch niemandem so recht empfehlen.

Ja, äh, was zur Hölle passiert hier?

Nun also: The Box . Die Familie Lewis hat Probleme. Arthur Lewis, Optik-Experte bei der NASA-Mars-Mission Viking, ist beim Psychotest für die Astronauten durchgefallen. Seine Frau Norma Lewis erfährt zur gleichen Zeit, daß die Schulgebühren für den Sohn angehoben wurden. Da wird Papa wohl die Corvette verscherbeln müssen. Kurz: Man hat kleine Geldnöte (genaugenommen wirklich sehr kleine, verglichen etwa mit denen des Ehepaars Lutz aus “The Amityville Horror”).

Eines Morgens liegt plötzlich eine hölzerne Schatulle auf der Treppe. Tags darauf klingelt ein gut gekleideter Mann mit Gesichtsnarbe an der Tür, stellt sich als Arlington Stewart vor und übergibt Norma den Schlüssel zum Knopf auf der Box. Die Bedienungsanleitung: Wenn sie den Knopf drückt, stirbt irgendwo jemand, den sie nicht kennt – sie geht straffrei aus, und als Belohnung gibt es eine Million Dollar obendrauf, steuerfrei. Norma hat aber nur 24 Stunden Bedenkzeit, dann endet das Angebot. Und sie darf klarerweise mit niemandem darüber reden. Abgang Mr. Mysterious.

Was tun: Drücken oder nicht? Also wirklich, eine Gesellschaft, in der ein solches Drehbuch eine Chance hat, sollte dringend in den Spiegel schauen; denn die Antwort kann doch bitteschön auf jeden Fall nur “Nein” lauten. Norma drückt natürlich trotzdem – und schon bereuen es Beide. Sie wollen wissen, wer jener seltsame Mann ist, der ihnen wie versprochen den Koffer mit der Million vorbei bringt. Der Gentleman rät dringend davon ab, ihm nachzuschnüffeln – und bald zeigt sich, daß man besser auf ihn hören sollte. Ehedem normale Mitbürger reden plötzlich in kryptischen Sätzen, geben dem reumütigen Paar in der einen Minute seltsame Ratschläge, und brechen in der anderen blutend zusammen. Der Geheimdienst hat wohl auch seine Finger im Spiel; doch warum wird nichts gegen den von einem angeblichen Blitzschlag entstellten Mann unternommen, der offenbar an alle Ehepaare im NASA-Umfeld seine Knopf-Schachteln verteilt?

Fast neunzig Minuten lang entwickelt “The Box” einen unglaublichen Sog auf Donnie-Darko-Niveau und fesselt den Zuschauer mit einer ruhigen Steigerung rätselhafter Ereignisse. Bis in Minute 1:15 – leider – die große Erklärung folgt. Der Rest wirkt aber wohl nur deswegen so enttäuschend, weil der Teil zuvor so brillant ist. Was am Ende des Tages vom Film übrig bleibt, ist eine knapp zweistündige Episode zwischen Akte X und Fringe, die reichlich Verschwörung und Science-Fiction mit einem Hauch Moralphilosophie verquirlt.

Ein Cocktail, den man durchaus genießen kann, wenn man sich von Erwartungen freimacht. Denn daß Kelly hier die Story eines anderen verfilmen mußte (“Button Button”, von I-am-Legend- und Shrinking-Man-Autor Richard Matheson), gibt dem Ganzen etwas erholsam Mainstreamiges. Es geht letztlich ja gar nicht darum, ob der Knopf wirklich eine Funktion hat. Marssonden-Tüftler Arthur schraubt das Gerät auseinander: es ist leer. Man darf auch bezweifeln, ob es wirklich einen ursächlichen Zusammenhang gibt zwischen Knopf und Tod, wie die Erzählung ihn suggeriert. Es geht also nur um die Entscheidung an sich, und die wird in unseren Gesellschaften bereits täglich getroffen – und zwar immer in genau derselben Weise wie vom Lewis-Paar.

Fazit? Hoffnung ist etwas ganz Wunderbares, berechtigte Hoffnung noch viel mehr. Sehen Sie sich also am besten alle drei Filme an. Auch wenn sie im Einzelnen nicht perfekt sind, bieten sie intellektuellen Radau auf unterhaltsamem Niveau. Sie machen neugierig auf die nächste schwer verdauliche Kopfgeburt dieses eigenwilligen Richard Kelly – und auch Hoffnung auf eine Zukunft des Science-Fiction-Films, die ohne Lichtschwerter-schwingende Ritter auskommt.

Wer shoppen mag:

  • Interessente Kombi: Southland Tales / Donnie Darko (2 DVDs, Steelbook)
  • The Box (DVD).
  • The Box [Blu-ray]
  • Southland Tales (DVD)
  • Donnie Darko (Single Disc) – billiger
  • Donnie Darko – Director’s Cut DVD – besser
  • Die ‘Fortsetzung’ s. Darko kann man ungesehen abhaken. Und wann gibts endlich Donnie Darko als Blu-ray ? (Derzeit: Nur als UK-Import…)

Donnie Darko: Trailer

Southland Tales: Trailer

The Box: Trailer

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The Box – Du bist das Experiment /the-box-du-bist-das-experiment/ /the-box-du-bist-das-experiment/#comments Mon, 22 Feb 2010 16:45:09 +0000 Andreas /?p=6

The Box

Die Story von “The Box”, 2009: Wenn einer den Knopf drückt, stirbt jemand.

Man wünscht sich, es hätte den Volltrottel getroffen, der den Untertitel “Du bist das Experiment” dazugedichtet hat.

Anfangs hochspannender Alien-Verschwörungs-Mystery-Thriller mit wenig subtiler Moral-Tünche, beeindruckend sauber fotografiert und mit einigen höchst ungewöhnlichen Bildern faszinierend; erst gegen Ende ein bisschen unbefriedigend. Geben Sie ihm trotzdem eine Chance, es lohnt sich! Mehr im Special: Richard Kelly .

Wer shoppen mag:

  • The Box (DVD).
  • The Box [Blu-ray]

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