Wir schreiben das Jahr 2022: Das Raumschiff „Spacecore 1“ (warum eigentlich nie „Spacecore 67“ oder „114“?) gondelt durchs Alls, um routinemäßig dort stationierte Atomwaffen zu warten. Plötzlich kommt es zum unerklärlichen Ausfall aller Geräte. Die Notsysteme sorgen zwar für Sauerstoff und Wärme, aber nur für begrenzte Zeit: Zugleich bewegt sich das Schiff ohne funktionierenden Antrieb in Richtung Mond, genauer gesagt in die erfundene Region „ Centrus B 40 “. Der Bordcomputer, die schöne Roboter-KI Lesli, weiß auch nichts beizutragen und lümmelt nur in ihrem KI-Sessel rum.
Das kreuzt ein altes Space-Shuttle der NASA ihren Weg. Die Mannschaft der „Spacecore 1“ schafft ein Andockmanöver, geht an Bord der “ Apollo 18 ” und wundert sich: Alles steht unter Wasser, verweste Fische treiben im Schlick herum. Was war hier los? Irgendwann stellt jemand eine toootaaaal einleuchtende Verbindung zwischen „Centrus B 40“ und dem irdischen B ermuda-Dreieck her, derweil ein unerklärliches Monster mit gelben Schlangen-Kontaktlinsen nach gewohntem Muster die Besatzung wegsnackt … dazu noch “666″ und “ich habe viele Namen” … etc.
Ein paar positive Dinge seien erwähnt: „The Dark Side Of The Moon“ (von 1990) versucht durchaus, stimmungsvollen Suspense aufzubauen. Und eigentlich ist die Story, so ausgelutscht ihre Elemente erscheinen mögen, auch nicht völlig verkehrt.
Hinzu kommen einige seltsam krude und daher nette Ideen, etwa die Avatar-KI Lesli (links) im sexy Lederdress, der von der Kamera ständig die Körbchen abgezoomt werden. Oder der Fakt, dass hier SF mit Okkultismus gemischt wird (ähnlich wie im wesentlich besseren „Event Horizon“). Auch die Trickaufnahmen sind gar nicht schlecht, wenn auch selten; vor allem der letzte Schwenk über die Mondoberfläche ist ein Highlight des Films.
Und doch schafft es der Regisseur einfach nicht, auf Basis des gewiss müden Drehbuchs Spannung aufzubauen: Meistens (nicht immer!) versackt die Handlung im dramaturgischen Schlamm, in dem die ohnehin schon gesichtsmüden Darsteller eigenschaftslos und ohne Sinn und Verstand (aber mit Automatikwaffen) rumtapsen (meist im Stockfinstren), unter anderem in den ungeheuer weitläufigen Kulissen eines Space-Shuttles (!), dessen Räume (!) zum Teil komplett unter Wasser stehen. Zur ständigen Dunkelheit an Bord der beiden Schiffe gesellt sich ein hämmernder FM-Synth-Score, der für fünf Minuten wohl recht beeindruckend wäre, der aber nach 15 Minuten einfach nur noch monoton und einschläfernd wirkt.
So ist mein (wiederholter) Eindruck dieses Alien/Thing-Rip-offs bizarr gespalten: Man hat irgendwie das Gefühl, er wäre so schlecht eigentlich nicht; trotzdem langweilt er einen stellenweise zu Tode.
Bitte remaken.
Fazit: Zähes 90er-Jahre-B-Movie mit wenig Fiction, noch weniger Science. Kann man sich höchstens spätnachts nach drei Energy-Drinks mit Wodka reinschrauben.
]]>
In naher Zukunft: Die Mission “Europa One” der fiktiven Firma Europa Ventures bricht zum Jupitermond Europa auf, einem der vier Galileischen Monde. Das Ziel der bemannten Mission: Die Eiskruste, unter der man einen gigantischen Ozean vermutet, soll angebohrt und eine Probe entnommen und untersucht werden. Eine solche Mission ist lang, sehr lang. Und natürlich geht auf einer solch unvorstellbaren Strecke allerlei schief.
Als auf dem Weg zu Europa ein System ausfällt, verliert ein erstes Besatzungsmitglied bei einem Unfall sein Leben. Das drückt die Stimmung, zumal man den Funkkontakt zur Erde verloren hat. Die Laune hebt sich erst wieder, als man Europa nicht nur erreicht, sondern tatsächlich sicher aufsetzt und losforschen kann. Die Sonde bohrt sich wie geplant in die Eiskruste und findet den vermuteten Ozean – doch dann erscheint ein Licht und die Sonde gibt den Geist auf …
“Europa Report” (2013) verdient sich seine Lorbeeren durch eine gehörige Portion Realismus: Seit “2001″ dürfte kein derart um realistische Darstellung bemühter Weltraum-Film mehr gedreht worden sein, von “Gravity” vielleicht abgesehen (ich hab ihn nicht gesehen). Die Enge der Kabinen, der Alltag der Astronauten, die Privatisierung der Raumfahrt, die Missionsparameter und so weiter halten sich sehr eng ans Mögliche, Glaubwürdige. Auch die Missionsidee selbst ist keineswegs fiktiv: Im Umfeld von NASA und ESA arbeitet man an Plänen für eine Bohrung auf Europa (allerdings unbemannt). Nur das Ende des Films ist spekulativ – aber dennoch nicht undenkbar.
Und doch kann Regisseur Sebastián Cordero an vielen Stellen die Wissenschaftlichkeit und Realitätsnähe einfach nicht durchhalten. Etwa wenn die rotierenden Arme der Schwerkraft erzeugenden Kabine natürlich mit dem Klischee-Brummen am Zuschauer vorbeiwischen, wenn die gesamte Reise über das Raumschiff den immer größer werdenden Jupiter vor dem Bug hat (in Wirklichkeit fliegt man zu einem berechneten Punkt im Nirgendwo und hofft, dass sich bei der Ankunft auch der Zielplanet dort eingefunden hat) oder wenn der Bohrer (reales Vorbild: Inchworm ) keinerlei Aushub produziert.
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau: Wie nur wenige Filme zuvor schafft es der Film, eine im Weltraum spielende Geschichte mit Dramatik und Realitätsnähe zu erzählen. Der Film spielt erfreulich oft auch auch mit dem realistischen Nicht-sehen-können, etwa beim Blick durch die Luke nach draußen, dem sich das Sehen-wollen der Mannschaft entgegenstemmt. Und der Sense of Wonder bleibt nicht auf der Strecke. Visuell folgt “Europa Report” dabei weniger “ Sunshine ” als vielmehr “ Apollo 18 “, ohne aber zu aufdringlich auf schlechte Bildqualität zu setzen. Mich begeisterte vor allem der eher körnige Look samt reichlich Störungen und Lensflares, der sich nahtlos in das Material einfügt, das man von der NASA kennt. Insofern lohnen auch die knappen Extras, denn das VFX-Making-Of zeigt, welche Szenen Special-Effects benutzten, obwohl man das beim Zuschauen eigentlich nicht gedacht hätte.
Perfekt ist der Film nicht. Die Schauspieler sind teils unglücklich besetzt, ihre Charakterisierung ist dünn, und der Wunsch nach Realismus schlägt sich in einigen hölzernen Dialogen nieder. Und der Beginn des Films ist wirr, weil er als Found-Footage-Film erzählt wird: im Rückblick berichten semi-dokumentarisch die zuständige Flight-Direktorin, einige Missions-Wissenschaftler und die Pilotin als eigentlicher Hauptfigur – der Rest findet in den Aufnahmen von Helm-, Außen- und Bordkameras statt. Hat man sich aber durch die ersten 5 bis 10 Minuten gekämpft, beginnt ein wirklich spannender Film, der verhältnismäßig realistisch darzustellen versucht, wie eine solche Mission verlaufen könnte, ohne wiederum so real zu werden, dass es fade wird.
Fazit: Überdurchschnittlich gutes Raumfahrt-Abenteuer, sehenswert für Fans realistischer Near-Future-Sci-Fi.
Vor allem zeigt “Europa Report”, dass sich spannendes Drama und um Wissenschaftlichkeit bemühte Darstellung nicht ausschließen müssen. Warnung: “Alien”-Fans und Gorehounds werden hier nicht fündig.
]]>
Der Film basiert auf der Kurzgeschichte “Die Verhandlung” des polnischen Schriftstellers Stanislav Lem . Während die Buchvorlage im Gerichtssaal spielt und die Geschichte in Zeugenaussagen aufrollt, ist der Film größtenteils in den Weltraum verlegt. Lem erschuf in seinen Büchern eine ganze Reihe wiederkehrender Charaktere: Ijon Tichy , einen leichtfertigen, aber liebenswerten Weltraum-Rumtreiber, dessen Erzählungen vor Asteroidenjägerlatein nur so strotzen (und dessen Abenteuer 2007 wirklich gelungen vom ZDF verfilmt wurden!) und die befreundeten, aber in ständigem Wettstreit liegenden Erfinder Trurl& Klabauzius – um nur ein paar zu nennen. Mit Commander Pirx schickt Lem einen seiner besonnensten Protagonisten auf die Reise, einen moralistischen Skeptiker, der sich in menschlichen Fehlbarkeiten festbeißt.
Auf dem Weg zum Saturn offenbaren sich einzelne Mitglieder der Besatzung aus unterschiedlichen Beweggründen als Menschen oder Nichtlineare, was in jedem Fall wahr sein kann – oder aber auch gelogen. Die Situation wird dadurch für Pirx nicht einfacher. Im Gegenteil: Ein Saboteur scheint an Bord zu sein, und als dem Commander ein Video zugespielt wird, in dem ein (vorgeblicher) Nichtlinearer nach der Machtübernahme mit der Versklavung der Menschheit droht, ist es mit Pirx’ Vertrauen in seine Mannschaft endgültig vorbei. Als die Zielkoordinaten erreicht sind, gibt sich der Androide zu erkennen, als er versucht, eine Gefahrensituation herauf zu beschwören. Er versagt jedoch, weil er in seinem Unfehlbarkeitswahn die menschliche Unlogik nicht einkalkuliert – er wird zerstört, während das Schiff mit für Menschen gefährlichen Beschleunigungskräften die Cassinische Teilung der Saturnringe passiert.
Fazit : Testflug zum Saturn ist beileibe kein so episches Werk wie “Solaris”, wirft aber, wie in damaligen Filmproduktionen jenseits des eisernen Vorhangs typisch, Fragen nach menschlichen (Un)tiefen auf, die auch vor dem Weltraum nicht halt machen. Ein Film, der im Kopf des Zuschauers stattfindet und fast ohne Effekte auskommt. Lem zwingt den Zuschauer, über das Ende der Geschichte hinaus weiter zu denken – denn ob Aleksandr Kaidanovsky , (-> Stalker , UdSSR 1972) ein Nichtlinearer oder ein Mensch ist, bleibt offen.
Zu haben als DVD in achtbarer Qualität und angenehm altmodischer Synchronisation. Die zugrunde liegende Kurzgeschichte “Die Verhandlung” findet sich im Band “ Die Jagd “.
Statt Trailer eine Szene aus dem Streifen: