Drei Studenten wollen eine Dokumentation über einen Wilderer drehen. Der ist natürlich ein grummeliger alter Mann mit Bart und hat keinen Bock auf irgendwelche Pickelgesichter, die ihm nachstellen. Doch die Studenten bleiben dran und verfolgen ihn mit ihren Kameras. Auch, als es anfängt, mysteriös und gefährlich zu werden. Und schon sind sie mitten drin in der
Trolljagd
, denn der Mann ist kein Wilderer, sondern ein Jäger, der im Auftrag der Regierung wilde, große, ja: sehr sehr große Trolle beseitigt. Und bei dieser Trolljagd gibt es allerlei zu beachten, was die Studenten am eigenen Leib erfahren müssen…
Wie kaum ein anderer Film schafft es Trollhunter, einerseits eine absolut glaubwürdige “
Mockumentary
” abzuliefern (eben die Fake-Dokumentation über die Jagd nach Trollen), diese zugleich als Found-Footage-Film zu servieren (denn “die Dokumentation” wurde nicht fertig, das Filmteam hat es am Ende wohl nicht überlebt), das ganze mit ungeheuer viel Humor zu würzen und dennoch mit einem Ernst zu servieren (etwa wenn wir erfahren, wozu Überlandstromleitungen *wirklich* da sind…) , als ginge es um die Entbürokratisierung der EU.
Trollhunter ist nicht perfekt: Hier und da ist die Story etwas dünn, die Darsteller blass, die Effekte mau. Egal: dieses Movie macht Spaß! Die ganze Zeit denkt man sich: “Das können die jetzt nicht im Ernst bringen.” Tun sie aber. Eine famose Groteske aus Norwegen!
Fazit: Trollhunter ist eines der besten “Wir waren mit unserem Camcorder dabei”-Movies, die man sehen kann. Spannend, absurd und aberwitzig. Geheimtipp!
Zu haben auf DVD und Blu-ray .
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Eines Tages erhält die Konzernspitze eine Bombendrohung. Polizeileutnant Jansen (Rainer Werner Fassbinder), 100% Aufklärungsquote, heimlicher Alkoholiker, unangenehmer Zeitgenosse, brutaler Zyniker, weder Mitläufer noch Widerständler, soll herausfinden, was dahinter steckt. Die (reichlich verworrenen) Spuren führen ihn in den 31. Stock des Konzernhochhauses, doch dieses hat nur 30 Stockwerke. Zunehmend sind Konzern- und Polizeichefs von seinen Ermittlungen genervt und wenden sich gegen ihn. Und dann ist da noch der geheimnisvolle Staatsfeind
Krysmopompas
…
Diese schwer genießbare Perle aus deutschen Landen darf man sich nur zu Gemüte führen, wenn man sich wirklich aufrichtig für abseitige Filme und bizarre SF-Szenarien interessiert. „Kamikaze 1989“ (Deutschland, 1982) ist nämlich als Science-Fiction-Film eher mäßig, trotz reichlich Zukunfts-Firlefanz. Auch wer sich eine Art „Welt am Draht“ erhofft, wird enttäuscht: Auf dem Regiestuhl saß hier Wolf Gremm, nicht Fassbinder, und als Darsteller torkelt letzterer sichtlich dem Ende seiner multiplen Drogenabhängigkeit entgegen.
Doch das kann in seinem Fall immer noch ein ganz großes Vergnügen sein: Wie er als „Jansen“ im Leopardenfell-Anzug (samt mit Leopardenfell bezogenem Revolver und Leopardenfell-Armaturen im Auto) mit versoffenem Gesicht durch diese grelle, absurde Zukunftssatire stampft, das ist einfach grandios. Der Sage nach hat sich Fassbinder übrigens in diesem Anzug beerdigen lassen.
Ich gebe zu: ich liebe „Kamikaze 1989“, trotz des nervtötend lieblosen Edgar-Froese-Gedudels im Soundtrack. Ich hatte den Film vor Jahren mal auf einem portablen Casio-Minifernseher gesehen und war fasziniert, auch das erneute Ansehen habe ich sehr genossen. Brigitte Mira in einem Sci-Fi sieht man ja auch nicht oft. Und Franco Nero. Gerade weil das Alles einerseits furchtbar trashig ist, sich andererseits durchaus bemüht, ein Action-Krimi zu sein – sogar mit einer für damalige deutsche Verhältnisse gewiss erstaunlichen Autojagd. Und doch den Charme einer unerhört skurrilen Zukunftsvision entwickelt.
Vieles der arg überzeichneten Zukunft wurde vielleicht nicht wahr, wäre aber noch immer vorstellbar: Der OK-„Daumen“ der Polizei; das Verbot von Alkohol und selbst gezüchtetem Gemüse; der Neusprech des „unerwarteten Todes“; die Monopolisierung der Wirtschaft samt Gleichschaltung der Medien in fast 50 TV-Kanälen; die allgegenwärtige “wearable” Kamera (hier: am Ring) als Vorwegnahme der Google Glasses…
Okay, so manches wurde wohl
tatsächlich
wahr.
Es ist in jedem Fall bedauerlich, dass Fassbinder starb, denn weitere Jansen-SF-Krimis hätte zumindest ich gerne gesehen.
Fazit: Wunderbar trashig-bunte, absurd-schrille Dystopie. Geheimtipp für Fans des Abseitigen. Eigentlich ein Must-see, aber gewiss nicht für jeden Geschmack geeignet.
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Was diesen Film ausmacht, spürt man sofort: Die den Film eröffenende Closeup-Aufnahme eines Sonnenaufgangs über dem Meer dauert gefühlte Stunden – in Wirklichkeit aber nur drei Minuten. Danach latscht Zac Hobson (Bruno Lawrence) nackt durchs Bild und versucht, wach zu werden. Im Radio: nur Rauschen. Er ruft im Büro an: keiner geht hin.
Er rasiert sich dennoch, zieht brav seinen Anzug an, fährt los, ohne zu wissen, dass das alles längst keinen Sinn mehr hat.
Schon an der Tankstelle ist niemand sonst, kein Service. Das erste Wort des Films, “Hallo”, fällt nach 6 Minuten. Es antwortet keiner. Denn Zac ist, wie ihm schnell auffällt, allein auf der Welt. Alles ist noch da, die Häuser (leer), die Autos (teils quer auf der Strasse), und so weiter. Nur Menschen gibt es keine mehr.
Zac Hobson ist der einzige Mensch in einer Welt voller angebrochener Mahlzeiten und noch immer pfeifender Teekessel, die niemand mehr vom Herd nehmen könnte. Weil um 6:12 alle Menschen verschwanden … Gottlob ist er Wissenschaftler und hat daher eine Vermutung, was mit der stillen Erde nicht mehr stimmt …
Keine Zombies, weder Endzeit-Autojagden noch tumbe Ringkämpfe um die letzten Erdölreserven. Dazu magere SF-Effekte… Was “The Quiet Earth” ausmacht, das ist vielmehr die stimmungsvolle Darstellung von Zacs Einsamkeit. Wie er die Welt anfangs noch zögernd durchschreitet, dann vorübergehend fröhlich in seinen Besitz nimmt und etwa Kunstschätze anhäuft – die aber ja für niemandem mehr von Wert sind. Wie er mit dem Auto die Kaufhäuser rollt und “einkauft”, in seinem mit Fernseher vollgestellten Luxusheim mit sich selbst redend Billiard spielt und langsam, aber sicher durchdreht und erst einfache Dinge, dann immer größere Sachen zerstört und dabei immer wieder mit seinem Suizid hadert.
Allein die mit Tonbändern und Pappfiguren inszenierte surreale Schlacht in seinem Garten, die er als Cäsar mit Fernbedienung anleitet, ist das Anschauen wert … und auch die starke Filmmusik leistet ihren Beitrag zu diesem Geheimtipp aus Neuseeland.
Fazit: Grossartiger Science-Fiction-Klassiker und Dank beeindruckender Stimmung und Konsequenz der bislang klügste und intensivste Film über einen “letzten Menschen auf Erden”. Auch in der Besetzung so wunderbar einzigartig, wie man das wohl Jahrhunderte nicht mehr wird überbieten können. Da kann man dann auch die eine oder andere Länge hinnehmen.
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Sein nicht minder wahnsinniger Chirurg (Jean-Louis Trintignant) verspricht ihm nicht nur eine heilende Operation, sondern will ihm auch noch die Unsterblichkeit verschaffen, oder besser: 170 Jahre. In dieser Zeit sollen seine Frau und seine Söhne das Zepter übernehmen – bis er wieder aufgetaut wird und die Führung übernehmen kann.
Doch die für die Operation notwendigen, kompatiblen Ersatzorgane hat ausgerechnet nur “Tykho Moon” (Johan Leysen). Und der ist ein früherer Widerstandskämpfer, der jedoch aus der Gefangenschaft ausbrechen und nach einer Gesichtsoperation untertauchen konnte. Dabei verlor er sein Gedächtnis – nun schlägt er sich unter dem Namen Anikst als Bildhauer durch.
Welche Rolle spielt die schöne Lena (Julie Delpy) – ist sie Prostituierte, Terroristin, Agentin? Warum hat der zwielichtige Journalist Glen Barr (Richard Bohringer, seit “Diva” ein unvergessliches Gesicht) ausgerechnet jetzt ein Buch über Tykho Moon geschrieben? Wer steckt hinter den Flugblättern, die verkünden, dass der Widerstandskämpfer noch lebt? Und wer hinter den Anschlägen auf die “Mac Bees”, die drei missratenen und vom Neid zerfressenen Söhne des Diktators, die ebenfalls nach etwas Unsterblichkeit dürsten?
In der Welt von “Tykho Moon” möchte man nicht leben. Ständig genetische Identitätskontrollen. Wohnraum ist so knapp, dass die Leute sich in Hotels pferchen. Die Zimmer darin sind unbezahlbar und nur mit speziellen Scheinen und Beziehungen zu kriegen. Und dennoch haben Hotelangestellte noch genug Macht, einen aus purer Missgunst in die Badewanne umzusiedeln (“da können Sie sich ausstrecken!”). Nur wer vom Hoteldach über die undurchdringliche Mauer blickt, schafft es vielleicht, wenigstens einen Blick auf den Palast der Herrscherfamilie zu ergattern. Doch auch dort möchte man letztlich nicht leben, denn die Mac Bees langweilen oder zerfleischen sich gegenseitig und leiden zudem an einem mysteriösen, blauen Geschwür…
Wie bei “Bunker Palace Hôtel” (1989) verzichtet Comic-Legende Enki Bilal in seinem zweiten Realfilm auf typische SF-Effekte, sieht man von einigen eher obskuren Fotomontagen ab. Statt dessen gestaltet er eine Welt, die nur über die reichlich vagen Andeutungen und vor allem nur symbolisch zu verstehen ist. “Tykho Moon” wirkt dabei deutlich “leichter” als “Bunker Palace Hôtel” , inhaltlich leider auch deutlich dünner.Vor allem stört ein wenig, dass die Figuren sich der Grenze zur Karikatur bewegen und dadurch eigentlich nichts mehr symbolisieren können. Oder anders: Das, was Bilal angreifen möchte, verschwindet im übertriebenen Bemühen, es sichtbar zu machen. (Ein Fehler der Jugend, btw.)
“Tykho Moon” ist immer noch eine sehenswerte Erfahrung jenseits des Mainstreams. Und doch man wird das Gefühl nicht los, dass hier Style deutlich über Substance geht und das sich die Schicht der Symbole (etwa die zu Hotelrezeptionisten mutierten Verwalter von Macht) einfach nicht mit der geradezu straighten Hollywood-Story verträgt: Freiheitskämpfer mit Amnesie wird von Dritten instrumentalisiert, um eine Diktatur zu stürzen. Man muss den Film wirklich mehrmals sehen, um herauszufinden, dass es um mehr geht als das, und zugleich deutet sich an, was bei Immortal noch sichtbarer wird, nämlich dass Bilal eher filmische (politische) Gedichte machen will als Filmerzählungen.
Doch dafür kann man Tykho Moon fast wie einen normalen Spielfilm genießen, mit Gewürzen wie Spannung, Action und einem erstaunlichen Ensemble von Darstellern. Marie Laforêt als Diva und Gattin ist eine Augenweide, wie überhaupt das ganze Personal geradezu fellinisch von der Ästhetik dominiert wird. Auch wegen des traum- und rauschhaften Titelsongs “ Mister Sun ” von Brigitte Bardot lohnt das Anschauen…
Fazit: Bilderreiche, vielschichtige und ungewöhnliche Arthaus-SF über eine Liebe im Mondmeer Mare Tranquillitatis . Erreicht nicht ganz die reduziert-visuelle Wucht von “Bunker Palace Hôtel” , ist dafür aber etwas gefälliger und somit auch für SF-Fans diesseits des Kunstfilms einen Blick wert.
Ein kurzer deutscher und ein langer französischer Trailer:
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Muß man sich jeden Mist reinziehen?
Eine Band von Rumtreiber und Schlägertypen, die sich ohnehin damit vergnügen, sich bei Überfällen zu filmen, kriegt den Auftrag, aus einem Haus einige mysteriöse VHS-Kassetten zu stehlen. Weil dort ein Zuschauer tot vor Videobildschirmen hockt, gucken sich die Jungs die Bänder an. Diese Hintergrundgeschichte bildet in “V/H/S” die Rahmenhandlung für einige sehr seltsame, teilweise gar nicht mal schlechte, teils bodenlos zähe, stellenweise heftig schockierende Horror-Episoden, deren gemeinsamer Faktor nur die POV-Wackelkameraperspektive a la Blair Witch / REC / Cloverfield ist, teils auch (aber nicht konsequent) im 80er-Jahre-VHS-Look.
Richtig gut ist das nicht. Richtig schlecht war das aber auch nicht. Stellenweise langweilig auf Amateurfilmerniveau. Stellenweise wirklich ungewöhnlich, mit etlichen interessanten Ideen. Sehr finster.
Fazit: Fünf Horror-Mystery-Episoden im Found-Footage-Look für experimentierfreudige Hartgesottene. Aber Vorsicht: Teilweise etwas splattrig, und ich denke, V/H/S ist ein Film, den man entweder hasst oder liebt.
Auf Amazon als DVD (reicht) und BD .
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Die Arme wurde zum
Trancer
, was bedeutet, dass jemand mit psychischen Superkräften aus der Ferne ihren Willen gesteuert hat. Wer? Erfahren wir nie. Egal. Da rückt auch schon die echte Bullerei an.
Die will, dass Jack einen Job für sie übernimmt [hier stellenweise ‘Blade Runner’ hindenken] , und so weiter, und er macht’s natürlich, und weil im Jahr 1984, also ein Jahr vor diesem Quatschfilm, “Terminator” lief, lautet die Aufgabe für Jack Deth: Jette in die Vergangenheit, wo der Trancer-Schurke mit psychischen Superkräften schon vor Dir hingereist ist, und halte ihn davon ab, die Vorfahren des Polizeichefs umzubringen.
Jack ziert sich, klar, macht’s natürlich trotzdem, auch klar, als er erfährt, dass der Superschurke Whistler heißt, jener Whistler mit psychischen Trancer-Superkräften, der Jacks Frau auf dem Gewissen hat, haben wir ja noch nie gehört (“Er ist seitdem nicht mehr derselbe”, heißt es bei Kollegen…). Deth beamt sich also irgendwie nach 1985, das Drehen dort kostet ja auch weniger als in Zukunftskulissen, um den Schurken auf Eis zu legen… [ab hier stellenweise ‘Terminator’ hindenken]
Ein Riesenmüll? Nein!
Ganz ehrlich: Ich hasse ja eigentlich diese SF-Filme, die nur einen SF-Anfang und ein SF-Ende haben und dazwischen die ganze Zeit auf der Erde im Jahr
[Produktionsdatum des Films hindenken]
spielen. Aber beim Anschauen dieses Billigheimers rutschte ich immer tiefer in den SF-Fernsehsessel und
grinste dabei immer breiter
. Nein, das ist nicht gut und auch nicht klug, aber das ist ein herrlich doofer Spaß mit vielen humorigen Stellen, dem liebenswert-knurrigen Hauptdarsteller
Tim Thomerson
und einer ganz jungen
Helen Hunt
als weiblichem Sidekick im unvermeidlichen Airobic-Dress, die immerhin noch zwei Sequels dieses B-Stoffes mitgemacht hat und trotzdem irgendwann einen Oscar abräumte.
Der Käse steht in jeder Szene hüfthoch, und trotzdem hat das ganze einen enormen Charme, auch wegen der Mischung mit Noir-Elementen, die dem ganzen einen Hauch Future Noir à la Blade Runner verleihen. Einen Hauch. Dazu einige Dinge, die man eigentlich nicht erwartet hätte, etwa eine ganz frühe Bullet-Time -Szene – 15 Jahre vor Matrix! Plus 80er-Jahre-Soundtrack mit viel Synthie-Flächen-Gedudel über hallenden Umpf-Dah-Umpf-Dah-Drums.
Fazit: Kruder Zeitreisen-Käse mit coolem Trenchcoat-Timecop, der trotz hohem Trashfaktor und geringen Budget famos amüsiert , sofern man Fan von 80er-Jahre-SciFi ist.
Was wir in diesem Film lernen:
Zu haben auf DVD in schäbiger Qualität und 4:3-Beschnitt, aber billigen 2,97 Euro . Man hält es aus. Wurde als Trancers 2 , 3 (nur VHS) Trancers 4 , Trancers 5 (alle mit demselben Hauptdarsteller) und Trancers 6 fortgesetzt, wobei die Aufgüsse garantiert weniger gut sind, obwohl die Trailer nicht unsympathisch wirken.
Es ist ganz erstaunlich, wie sehr gegen diese Trailer aus den 80ern und 90ern der folgende von 2002 abstinkt, der versucht, das Franchise mit weiblicher Besetzung neu zu beleben. Irgendetwas muss mit der Jahrtausendwende verloren gegangen sein:
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Mak Sim wird gefangen genommen und strandet auf einer der beiden Seiten. Sie wird von fünf rätselhaften Machthabern regiert, die sich gegenseitig nicht besonders leiden können und ständig nur an Intrigen stricken. Immerhin hatten sie Zeit, ein System totaler Unterdrückung zu errichten, das auf der Bestrahlung der Bevölkerung mit willenslähmenden Frequenzen beruht. Doch
Massaraksch!
fluchen sie, denn der Widerstand bekämpft die Sendeanlagen in einem blutigen Guerillakrieg.
Jung, blond und im wahrsten Sinne des Wortes blauäugig kann Mak Sim das natürlich nicht mit ansehen. Zumal er sich soeben in die schöne Rada verguckt hat, die Schwester des Soldaten, der ihn gefangen genommen hat. So macht er praktisch überall mal mit – bei der Polizei, beim Militär, beim Widerstand – um herauszubekommen, was man wie ändern müsste, damit sich auf dem Planeten Saraksh überhaupt mal was ändert. Wie passend, dass dort eine Prophezeiung vom Befreier aus fernen Welten kündet, was ihn natürlich ins Visier der Mächtigen rückt…
Eine Arkadi-und-Boris-Strugazki-Buchverfilmung aus Russland? Seit “Wächter der Nacht” wissen wir ja, dass die Russen zwar hübsch bunte, aber ziemlich wirre Filme machen können. Und wenn das Ganze dann noch bei einem kleinen Label wie Capelight erscheint, dann erwartet man nichts Gutes. Jedenfalls nicht, dass “Die bewohnte Insel” hier wirklich werkgetreu verfilmt worden sein könnte.
Ist aber trotzdem so.
Mehr noch: “Dark Planet”, so der hirnrissige deutschsprachige Titel, ist außerdem ein wirklich sehenswerter Film geworden. Ein gigantomanisches Epos, das einem (im zweiteiligen Extended Cut, der einzig sehenswerten Version) fast vier Stunden lang eine wunderliche und wunderschön gefilmte Szene nach der anderen um die Ohren haut und dabei trotzdem auch vor banalsten Stellen und trivialsten Hollywood-Anleihen nicht zurückschreckt. Der Rezensent meint das ganz ernst: Wer sich auf das Abenteuer eines “Abenteuerfilms auf fernen Planeten” einlässt, der wird angesichts des phänomenalen Aufwands, der hier getrieben wurde, durchgehend mit vor Staunen hängender Kinnlade vor diesem höchst unterhaltsamen Buntfilm sitzen, in dem es eine fiese Geheimpolizei, wahnsinnige Wissenschaftler, Monster und Mutanten, schöne Frauen und echte Freundschaft gibt.
Einige werden ihn natürlich hassen. Denn dieser oft naive und gelegentlich in visuellen Klischees gefangene, angeblich bisher teuerste russische Film wäre für sich genommen nicht im geringsten klug, hätten das Buch nicht die Strugazkis geschrieben. Ich hingegen fand ihn trotzdem ganz, ganz großartig. Denn er ist immer unterhaltsam. Und dabei oft so liebenswert, dass man ihm seine kleinen Schwächen vergibt. Etwa, dass er gelegentlich eben doch ein bisschen wirr ist. Das liegt sicher auch daran, dass hier doch reichlich Stoff verarbeitet werden musste. Und so manchen Hintergrund des Gesehenen kann man sich erst nach einiger Zeit zusammenreinem – dafür wird einem dankenswerterweise nicht alle fünf Minuten erklärt, was man gerade gesehen hat.
Wer Reviews liest, wonach man den Film überhaupt nicht verstehen könne, liest Reviews der fast auf die Hälfte gekürzten Kinoversion – die kann nämlich niemand mehr verstehen (und man muss sich schon fragen, warum diese überhaupt herausgebracht wurde). Also bitte: nur den Extended Cut (Blu-ray, 3 Discs) nehmen oder besser verzichten!
Viele Zuschauer bemängeln die Besetzung: Vor allem der muskulöse Schönling Vasiliy Stepanov fällt Fans der Maxim-Kammerer-Trilogie sicher nicht als erste Wahl für diese wichtige Figur der Strugazkis ein und hat der Sage nach den Regisseur in den Nervenzusammenbruch getrieben.
Andererseits verkörpert gerade er in meinen Augen auf wunderbare Weise den unschuldigen, naiven Forschergeist, der ohne Vorbehalte auf mögliche Feinde zugeht, der immer nur lachen, wissen und kennenlernen möchte. Ein gestrandeter Everybody’s Darling einer höherstehenden Zivilisation, der vom Drang beseelt ist, die schurkischen Regierenden abzusetzen und die Bewohner von Saraksh mit Frieden, Weisheit und Gerechtigkeit zu beglücken. Was natürlich erstens schwer ist und zweitens nicht klappt. Massaraksch!
Fazit: Buntes, etwas naives, vergleichsweise aufwändiges und sehr unterhaltsames Planeten-Abenteuer mit interessanter Message. Für Fans russischer SF ein Muss, für alle anderen mal einen Versuch wert! Aber Vorsicht: Unseren Sehgewohnheiten entspricht das ganze eben nicht immer…
Wichtig: Nur die Blu-ray “3-Disc Limited Jumbo Steelbook Edition” nehmen! Nur sie beinhaltet neben der überflüssigen, enttäuschenden internationalen Kinofassung (120 Min.) den Extended Cut in 2 Teilen (“Die bewohnte Insel” 120 min. und “Die bewohnte Insel: Rebellion” 107 min.) plus eine Bonus-Disc mit der Dokumentation “Dark Planet: Die bewohnte Insel – Ein Film über den Film”. Eine DVD mit dem Extended Cut gibt es derzeit nicht.
Was wir in diesem Film für’s Leben lernen:
Infos: www.capelight.capevision.de
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