James Sandin (Ethan Hawke) ist einer der Gewinner des Purge, denn er hat in diesem Jahr mehr Verteidigungsanlagen verkauft als seine Kollegen. Wie seine Frau Mary (Lena Headey) bemüht er sich, öffentlich zur Schau zu stellen, dass er den jährlichen Purge-Event akzeptiert – schließlich will man ein guter US-Amerikaner sein. Doch bei Gesprächen mit Sohn und Tochter wird klar, dass die beiden Eltern heimlich eigentlich nichts davon halten.
Dann kommen mehre Dinge zusammen: Der Freund der Tochter schleicht sich ins Haus, ehe Vater James es abschotten kann – und er will mit Schwieger-Daddy nicht etwa sprechen, sondern ihn kaltmachen. Und der Sohn zeigt Mitleid, als auf der Straße ein verfolgter Obdachloser (Edwin Hodge) um Hilfe ruft, und lässt ihn ins Haus. Kurz darauf stehen Maskierte (total subtil im traditionellen Oberklassen-Highschool-Jacket) vor der Tür und fordern die Auslieferung des Obdachlosen – schließlich sei der wertloser Abschaum, ergo zu purgen . Und wenn der Familienvater dieser Aufforderung nicht nachkomme, dann würde seine ganze Familie darunter leiden.
Immer wieder mal gibt es Filme wie “The Purge – Die Säuberung” (2013), die einen in ihren ersten 20 Minuten regelrecht sprachlos staunend zurücklassen. Die Grundidee von “The Purge” ist nämlich ebenso unglaubwürdig wie bizarr und einfallsreich, auch wenn man sie literarisch schon bei Lem oder Sheckley finden kann. “The Purge” ist damit unübersehbar eine Metapher auf die Waffenverliebtheit der US-Amerikanischen Gesellschaft. Und so wahnsinnig die These auch ist, so erschreckend ist doch irgendwie, dass man den Amis sowas irgendwie auch zutrauen würde – jedenfalls den Teaparty-Irren des Landes.
Leider kann der Film in seiner Umsetzung das Niveau seiner Prämisse nicht halten und wird schnell banal. Das liegt in vielen vergebenen Chancen, den erstaunlich platten Dialogen und vor allem daran, dass einem die “Message” hier mit dem Baseballschläger ins Gehirn gedroschen wird, als wolle uns ein wütender Regisseur sagen: “Kapiert ihr es so?!?”. Nein, Mr. DeMonaco: Denn den Feind einer (aufgeklärten?) Gesellschaft (hier sichtlich “die Waffenbefürworter”) erst völlig übertrieben und verzerrt zu servieren, nur um dann auf dieses Zerrbild durch seine Helden (aufgestiegene Mitläufer der Mittelschicht) einzudreschen, das beweist nichts und sagt wenig etwas über die real existierende US-Gesellschaft aus – außer, dass sichtlich ein Riss durch sie hindurch geht.
Daher frage ich mich Ende dieses Genre-Films nach anfänglicher Begeisterung, ob “The Purge” auf intellektueller Ebene nicht doch ein ziemlicher Rohrkrepierer ist. Nun, selbst wenn: Als Kammerspiel und Gedankenspiel ist er durchaus halbwegs interessant (ähnlich wie “ Repo Men ” oder “Die Frauen von Stepford”) und er zeigt, wie viel Kraft in der Science Fiction als Film noch immer liegen könnte, wenn sie nur aufhören würde, eine Superheldenscheisse nach der anderen aus dem Bodensatz der Recyclingtonne zu kratzen. (Eine Fortsetzung von “The Purge” ist geplant.)
Fazit: Greller, ätzender Social-Science-Fiction-Kommentar, der gegen die US-Waffengesetze und eine Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme wütet, aber leider deutlicher weniger klug ist, als er glaubt.
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In “The Divide” (2011) fallen die Bomben in der allerersten Einstellung. Keiner weiß, woher sie kommen, ist auch ganz egal. Alles rennet, flieht, flüchtet. In diesem Fall in den Keller, zusammen mit all den anderen in Panik. Die Oma im Treppenhaus? Lass sie stehen, denk an Dich, renn weiter. Dieser Film weiß in den ersten fünf Minuten, was er will. Da, eine Tür, man presst sich dagegen, jemand will einen nicht hineinlassen, mehr drücken! Acht schaffen es, sich hineinzuquetschen, dann macht der Bewohner des Bunkers, Hausmeister Mickey (sehenswert: Michael Biehn), die Stahltüre zu. Bombengeräusche, Explosionen, dann Ruhe. Sieben Männer und zwei Frauen im Keller, während die Welt an der Oberfläche nuklear verwüstet ist. Klingt nicht nach Urlaub mit der TUI.
Regisseur Xavier Gens ist bisher nicht als Kunstfilmer aufgefallen. Mit “Hitman” fehl-adaptierte er das gleichnamige Videospiel, auch wenn das Ergebnis als Mainstream-Thriller besser ist als sein Ruf. Einen Namen machte er sich mit “Frontière(s)”, einem gewalttätigen Stück Terrorkino über eine Gruppe Pariser Jungkriminelle, die in die Hände von Hinterwälder-Neonazi-Wahnsinnigen fallen. Nichts neues, hieß es, aber als TCM-Aufguss immerhin ein schön gefilmter Folterporno. Den man wahrscheinlich nicht gesehen haben muss, zumal die Zensurschere 8 Minuten rauschnippelte.
Die Gorehounds, die “Frontière(s)” deswegen mochten, werden bei “The Divide” eher keine Freude haben. Wenig Action, Terror nur stellenweise, Spannung erneut abwesend. Um ganz ehrlich zu sein: Es zieht sich stellenweise etwas, aber das sollte Filmfans nicht abschrecken. Gens legt seine Geschichte im Rahmen seiner Regiefähigkeiten als Studie des Zerfalls der Menschlichkeit an, ganz ähnlich wie es J.G.Ballard in seinem Buch “ Der Block ” tut. Der dünne Firnis der Zivilisation fällt ebenso schnell ab wie das gesunde Aussehen. Die Gruppe bildet nach und nach ungeahnte Koalitionen aus und zerfleischt sich gegenseitig, Anfangs noch wegen Nahrung und Wasser; später, nachdem sie einen Vorratsspeicher entdecken, quälen sie sich nur noch als Mittel gegen die Langweile und vielleicht, um die Erkenntnis des sicheren Endes zu verdrängen. Denn um dieses Ende kommt keiner herum. “Wir werden alle sterben”, sagte die kleine Wendi, bevor sie von Männern im Strahlenschutzanzug entführt wird (eine der größten Dummheiten des Films). Recht hat sie, darauf läuft alles hinaus.
Gens hat auch diesmal noch keinen “guten” Film gedreht. Und natürlich ist “The Divide” im Kern ein B-Movie für Horrorfans, der unzählige Dummheiten aufweist. Dennoch ragt dieses Kammerspiel dank exzellenter Kamera und 1a Produktionsdesign deutlich aus dem Schuttberg klaustrophobischer Schundfilme heraus. Den Darstellern gebührt Respekt, denn gerüchteweise magerten sie während der Dreharbeiten ab, um den Verfall plastischer zu machen – und auch ohne das waren die Dreharbeiten bestimmt kein Spaß, man beachte nur Rosanna Arquettes Mut zu Verfall, Alter und Hässlichkeit.
Fazit: Vergessen Sie Mad Max & Co: So wie hier gezeigt sieht Endzeit wirklich aus. Authentischer und kompromissloser hat man Menschen im Bunker noch nicht elend krepieren sehen. Wer dabei zuschauen möchte, denn kann der Film empfohlen werden. Fans von Action, Thrills, Spannung, Mutanten und “üblichen Endzeit-Filmen” sollten einen Bogen drum machen.
Zu haben auf
DVD
&
Blu-ray
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Eine ganz interessante Besprechung gibt es auch auf
mannbeisstfilm.de
Martin und Kate haben irgendwelche Anfangs nicht näher definierten Eheprobleme und ziehen sich daher auf eine unbewohnte Insel (natürlich ohne Mobilfunkmast) zurück, um sich eine Auszeit zu nehmen. Läuft allerdings nicht besonders gut, die Laune ist schlecht, man spricht nicht miteinander, ist deprimiert (und der Zuschauer wird es auch). Da bricht vor ihrem Haus (endlich was los!) ein blutverschmierter Fremder zusammen. Sie holen ihn ins Haus und als er aufwacht, gibt er sich als Soldat Jack (Jamie Bell) zu erkennen. Seine unglaubliche Geschichte: Ein Virus ist weltweit ausgebrochen und hat die Menschheit ausgerottet. Sie sind auf der Insel die letzten Gesunden und müssen daher sofort alle Türe und Fenster abriegeln und zunageln, um die Krankheit von sich fern zu halten.
Würden Sie das glauben?
Natürlich glauben auch Kate und Martin es nicht. Aber Jack ist nun mal Soldat, kein Weichei wie Martin, und außerdem bewaffnet…
Wer sich vom Biohazard-Zeichen des Titelbilds angezogen den Film als Zombie- oder Biohorror-Streifen ausleiht, der wird enttäuscht sein: Null Zombies. (Oder doch?)
Ist auch besser so. Statt dessen liefert Regiedebütant Carl Tibbetts ein grundsolides Kammerspiel, das im Wesentlichen mit drei Figuren auskommt und ihre psychologischen Beziehungen sauber seziert. Die große Frage ist dabei: Stimmt die Geschichte, ist deswegen der Funk ausgefallen? Ist Jack wirklich nur an ihrem Wohlergehen interessiert und greift aus Pflichterfüllung etwas härter durch, eben nur, weil er Soldat ist? Oder befinden sich Kate und Martin in der Gewalt eines halluzinierenden Irren? Wird er zum Alphatier der Gruppe – und konkurriert er als solches mit Martin oder vielmehr längst mit Kate?
Die Wahrheit bleibt bis kurz vor Schluss offen und bringt genug Spannung mit, um diesen sauber und geradlinig inszenierten, ziemlich stillen und langsamen Streifen durchaus sehenswert zu machen. Der Soundtrack ist überdies famos.
Leider sind die Figuren Martin (Cillian Murphy) und Kate (Thandie Newton) ebenso unsympathisch wie die Schauspieler, die sie verkörpern, so dass man diesen Film schon bald nicht mehr sehen möchte. Nur Jamie Bell (Jack) macht seine Sache perfekt. Mit anderen Darstellern und etwas geänderten, nicht ganz so trostlos und dämlich geschriebenen Figuren wäre dieser sehr erwachsene, klischeearme Thriller trotz des extrem bitteren Triple-Twists sicher vier Punkte wert.
Fazit: Retreat ist eine im Prinzip spannende und interessante Mischung aus Psycho-Thriller und Seuchen-Horror, die auch auf einer Theaterbühne spielen könnte. Umso wichtiger sind da die Darsteller, und hier ist der Haken: Das nervtötende Paar kann den Film in meinen Augen leider so überhaupt nicht tragen, sowohl als Darsteller, als auch als Figuren. Man wünscht dem eigentlich guten Stoff daher ein etwas weniger europäisch-deprimierendes, schön glattgebügeltes US-Remake.
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