30 Jahre nach dem drittwichtigsten Science-Fiction-Film aller Zeiten erscheint endlich die DVD-Edition. Hätte man doch lieber noch einmal 20 Jahre gewartet!
Amerikanische (Film-) Wissenschaftler entwickelten vor 30 Jahren eine unbestechliche Methode, die Männer und Frauen mit fast hundertprozentiger Treffsicherheit identifiziert. Die Methode heißt „Dark Star“ – und wer bei der Erstaustrahlung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch seine Mami anbetteln mußte, um den Spätfilm „Finsterer Stern“ zu sehen, hat die Wirkung schon erlebt. Spätestens nach zehn Minuten hieß es nämlich „Willst du dir diesen blöden Schmarrn wirklich ansehen?“ Viele von uns wollten, und daher ist „Dark Star“ heute „Kult“. Und zwar Kult von der guten alten Sorte, der nicht schon vor dem Release auf dem Filmplakat behauptet wurde.
Wer die Story nicht kennt: Vier Männer mit lausigem Haarschnitt und üppigem Bart schippern durchs All und bombardieren Planeten, die künftig einmal Probleme machen könnten (muß ein US-amerikanischer Urstoff sein). Jedes Pornoheft haben sie schon hundertmal gelesen, der Astronautenmampf hängt ihnen zum Hals raus, das Klopapier ist alle, sie blasen Trübsal und gehen einander auf die Nerven. Ab und zu passiert einmal was: Ein Asteroidensturm beschädigt das Schiff. Der Alien-Saustall muß gesäubert werden. Ein widerspenstiger Aufzug (Jahre vor Douglas Adams!) leiert Muzak herunter. Mitarbeiter „Bombe 20“ ist voll motiviert, zu explodieren. Dazu gibt´s nervtötendes Synthie-Gedudel von Regisseur John Carpenter.
Was diesen Film so liebenswert macht, läßt sich schwer in Worte fassen, das muß man einfach gesehen haben. Die DVD macht´s möglich, in verwaschener Qualität mit prima deutschsprachiger Mono-Tonspur und einer englischen, die ebenfalls ausgewaschen klingt. Das wird keinen Fan stören, der die sexy Computerstimme endlich in beiden Sprachen hören kann. Hallo, Mr. Lucas: So hat Science Fiction ausgesehen, ehe Sie das Genre mit Fantasy kreuzten und Ritter einführten, die Prinzessinnen aus den Klauen von Ungeheuern befreien müssen. Und ja, liebe Wachowski-Brüder: Cool und einzigartig kann ein Film auch ohne Mainframe-Computertricks sein. Aufgemerkt auch, Mr. Emmerich: Ein Mann mit Besen und ein Wasserball reichen aus, um sich zäh dahinschleppende Spannung zu erzeugen – dafür braucht man keine globale Katastrophe.
Seien wir ehrlich: „Dark Star“ ist ein kruder Mistfilm mit etlichen Längen, während denen man sich ständig fragt, warum man diesen schmuddeligen „2001“-Gegenentwurf so mag. Daher müßte an dieser Stelle die Empfehlung lauten „nichts für Gutfinder verhärmter Weiber, die sich im Lederwams prügeln, sondern nur was für ganz harte Fans dieses versifften Aschenbechers im Weltraum“. Leider, leider, leider kann man das auch so nicht empfehlen. Denn harte Fans hätten sich bei einer „30th Anniversary Jubiläums Edition“ sicher ein paar Features mehr gewünscht.
Auf den ersten Blick sehen die Extras ja okay aus. Sie bestehen aus einem Trailer, Clips mit Filmpannen („Bloopers“), ein paar Zeilen Text und dem Drehbuch als PDF. Aber. Das Drehbuch gibt´s eh schon im Web. Die Texte stammen fast wortgenau aus IMDB.com. Die „Bloopers“ wiederholen eine Handvoll ausgewählter Fehler, die jeder Fan schon kennt. Mit einem Wort: mager.
Wir verlangen ja gar nicht, das Meister Lucas sich des Stoffes annimmt, um das Bild aufzupeppen oder noch ein paar Androiden reinzufummeln. Eine gute Kommentarspur hätte schon gereicht. Die gibt´s zwar, aber auf ihr spricht nicht Carpenter, sondern zwei No-names geben mehr oder weniger interessante Trivia zu Protokoll. Und das nicht einmal durchgehend: Immer wieder ist da plötzlich minutenlange Stille – ist dies das ausdrückliche Schweigen von Co-Autor O´Bannon zum Film oder sind die Kommentatoren bloß eingenickt? Die Pausen wären nur halb so schlimm, hätten die Hersteller ein bißchen Originalton hinzugemischt. Haben sie aber nicht. Daher sucht man zunächst wie blöde einen Fehler im Player, stöpselt Audiostecker um, erwürgt sich selbst mit Kabelsalat – bis der Ton unvermittelt weitergeht, als wäre nichts gewesen. Da wünscht man den Machern zornig Bombe 20 ins Haus.
Vielleicht durfte der Trash-Maestro aus rechtlichen Gründen nichts zum Film sagen. Vielleicht schämt er sich für sein Frühwerk (statt sich für sein Spätwerk zu schämen). Vielleicht hatte er gerade einen Schnupfen. Piepegal, wir hätten ihn bloß gerne gehört. Weil eine Jubiläumsausgabe mehr sein sollte als eine DVD im Pappschuber. So bleibt als Fazit nur Doolittle: „Don´t give me any of that intelligent life crap, just give me something I can blow up.“
Übrigens: Noch heute haßt das schöne Geschlecht diesen schönen Film. Wer die DVD von seiner Herzensdame unter den Weihnachtsbaum gelegt bekommen hat, sollte sie daher gleich heiraten – es muß die Richtige sein.
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